Mieterbefragungen: Wissen, bevor es zu spät ist!
Stellen Sie sich vor, Sie kommen in Ihr Bürogebäude und ein Mieter ist ohne Ankündigung einfach ausgezogen. Nach kurzer Recherche sind die Fakten für den Eigentümer betrüblich: Der Grund war eine desolate Dichtung der Dachterrassentür. Nach zwei Jahren vergeblicher Kommunikationsbemühungen mit dem Property Management hat der verärgerte Mieter verständlicherweise aufgegeben; er hat das Angebot eines Developers, seinen Mietvertrag abzulösen gerne angenommen, zahlt somit noch seinen bestehenden Mietvertrag und arbeitet mittlerweile in einem Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft. Für den verdutzten Eigentümer, der einen bonitätsstarken Mieter verloren hat, ist die Situation mehr als ärgerlich und mittelfristig droht ein Leerstand, auf jeden Fall kostet es Liquidität, da das Objekt nach Auslaufen des bestehenden Mietvertrags brauchbar gemacht werden muss.
Mieterbefragung
Was hätte der Eigentümer im Vorfeld anders machen können? Die Antwort ist einfach: Eine bessere Kommunikation und vor allem eine regelmäßige Mieterbefragung hätte diese Unzufriedenheit systematisch aufgedeckt. Sehr oft wird eine Befragung als unnötig, aufwendig und somit (zu) teuer abgetan. Immer noch allzu oft kümmern sich Asset Manager erst ein Jahr vor der nächsten Verlängerung des Vertrages wieder "intensiver" um den Kunden. Aus unserer Sicht - viel zu spät!
Eine Kundenbeziehung gehört gepflegt und zwar von Anfang an. Letztendlich sind es ja die Mieter, die den Investoren den erwünschten Return erwirtschaften. Eine professionell und methodisch durchgeführte Befragung deckt alle Bereiche: vom Mietvertrag über das Property Management, der Zufriedenheit mit dem Mietgegenstand und dem Standort, der Mieterbetreuung sowie der Gegenleistung in Form der Miete und den Betriebskosten ab. Letztendlich wird die Gesamtmieterzufriedenheit auf Basis der Qualitäten der Immobilie und der damit verbundenen Serviceleistungen sowie weiteren Indikatoren wie die Weiterempfehlung abgefragt. Ist die Mieterzufriedenheit ebenso wie die Laufzeit des Mietvertrags niedrig, ist ein sofortiger Handlungsbedarf gegeben. Manchmal identifiziert eine Befragung sogar Stimmungen, die alle Mieter negativ betreffen. So waren bei einer kürzlich von uns druchgeführten Befragung alle Mieter mit der Problemlösungskompetenz des Property Mangements unzufrieden. Sie haben den Ansprechpartner laut ihren Angaben nicht erreicht und er wäre nie vor Ort. Der Missstand konnte abgestellt werden und im Einvernehmen zwischen Asset und Property Mangement konnte das Haus "gerettet" werden. Mittlerweile hat eine Nachbefragung ergeben, dass sich die Stimmung um 180 Grad gedreht hat und die Zufriedenheit hoch ist.
Bestands- und Neukunden
Fakt ist, dass die Kosten einen Mieter zu halten zehnmal niedriger sind als einen neuen Mieter zu finden. Vor diesem Hintergrund sind die Aufwände einer kontinuierlichen Mieterbetreuung gepaart mit einer regelmäßig durchgeführten Befragung wahrlich überschaubar. Und das Beste: der Eigentümer bekommt eine Erfolgskontrolle für seine Liegenschaft und auch für seine Dienstleister, die von ihm beauftragt werden.
Eine gute Befragung kann darüber hinaus noch ein Trendbarometer sein. So können aktuelle Themen, wie die Akzeptanz von neuen Arbeitswelten, die Nachfrage nach Co-Working und Interesse an der Nachhaltigkeit - um nur ein paar wenige zu nennen - einfach in den Fragebogen integriert werden und dienen somit als idealer Trendbarometer für den Bestandhalter, aber auch als Input für weitere Produktentwicklungen und Ankäufe. Ein weiterer Vorteil, wenn alle Objekte einheitlich "befragt" werden, liegt natürlich im Benchmarking, da z.B. die Leistungen unterschiedlicher Property Manager sehr gut verglichen werden können. Internationale Investoren haben zudem die Möglichkeit, Unterschiede zwischen Portfolien und Vergleiche mit Immobilien in mehreren Ländern anzustellen. Letztendlich ist es aber das Ziel, auf Basis der gewonnenen Ergebnisse, die Mieterzufriendenheit kontinuierlich zu erhöhen und damit die Mieter solange wie möglich im Gebäude zu halten und nicht zu verlieren. Der Aufwand ist sein Geld wert und die Befragung das beste Investment.
Dieser Fachartikel ist als Kommentar von Alexander Bosak und Phillip Kaufmann in der Sommer 2019 Ausgabe des ImmobilienFokus erschienen. Hier geht's zum PDF.